Ein bewegender „Kalenderzettel“

Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht. (Matth. 10,30-31a)

Über dieses Jesuswort – ich kenne es schon seit Jahrzehnten – hatte ich nie ernsthaft nachgedacht. Erst als ich während einer Chemotherapie (bei der ich immer mehr Haare verlor) diesem Wort „zufällig“ wieder begegnete, interessierte mich der Zusammenhang, in dem Jesus eine so anscheinend untheologische und – wie ich meinte – unbedeutende und nebensächliche Bemerkung gemacht hatte.

Was Jesus in dem Zusammenhang seinen Jüngern vermittelte, sollte sie auf den Widerstand vorbereiten, der ihnen bei der Verkündigung des Evangeliums begegnen würde. „Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“ (Matth 10,16a) Er ermutigte sie: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten…“ (Vers 28a). In einem so ernsten Zusammenhang hat Jesus unmöglich auf eine belanglose Nebensächlichkeit verwiesen, um ihnen Mut zu machen. Ich bin überzeugt, dass sie verstanden haben, was er ihnen mit seinem Hinweis bewusstmachen wollte: Fürchtet euch nicht! Euer himmlischer Vater ist euch ganz nahe. Er weiß alles von euch. In Momenten der Not kennt er die Zahl der ängstlichen Schläge eures Herzens genauso, wie er die Anzahl der Haare auf eurem Kopf kennt.

Mit den letzten Worten vor seiner Himmelfahrt tröstete Jesus sie dann noch persönlicher: „Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt!“ (Matth. 28, 20). Mit dieser ermutigenden Zusicherung seiner Gegenwart hat Jesus nicht nur seine Jünger gemeint. Im hohenpriesterlichen Gebet hatte er auch für die gebetet, die „durch ihr Wort an mich glauben werden“ (Joh. 17,20). Ich bin auch einer dieser Glaubensnachfolger und deshalb gilt das Wort von Jesus auch mir. Ich nehme es als persönlichen Zuspruch: „Ich bin bei dir und ich weiß alles von dir – sogar, wie viele Haare du noch hast.“

Wenn ich an dem Morgen noch mit Davie gebetet hatte: „sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe“ (Psalm 22,12), so war mir jetzt die Gewissheit der Nähe von Jesus neu geschenkt worden. Ich machte mir keine ängstlichen Gedanken mehr, wie es mit mir weitergehen würde. Er war doch bei mir und wusste alles von mir. Seine Zusicherung tröstete mich.

Viele Gläubige haben wie ich erlebt, dass das Bibelwort, das sie schon lange kannten, auf einmal „lebendig“ wurde und seine Kraft entfaltete.

Danke, Herr, für deine Nähe!

Harald Weigt

aus: Andachtsbuch 2014, 10. Dezember,  Advent-Verlag

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